Nominiert als bestes Label 2019: Grönland Records

Nominiert als bestes Label 2019: Grönland Records

Grönland Records

Als Herbert Grönemeyer 1999 die unabhängige Plattenfirma Grönland ins Leben rief, geschah dies aus einer bestimmten Geisteshaltung heraus. Die Künstlerpersönlichkeit sollte nach Ansicht des erfolgreichen Sängers und Schauspielers in der Arbeit des Musiklabels stets im Zentrum stehen. Grönemeyer vermisste dieses Selbstverständnis bei den großen Majors der Zeit, wollte mit dem eigenen Label fortan den Musikschaffenden wieder verstärkt die Chance bieten, sich adäquat zu entwickeln. Er wollte es den Künstlern ermöglichen, ihr Werk behutsam wachsen zu lassen, unabhängig arbeiten zu können, ihr eigenes Potential zu erforschen. Bei Grönland ging es so von Anfang an um musikalische Entfaltung – von der Raupe zum Schmetterling! Das Konzept wurde dankend angenommen, und bald stand die zunächst in London ansässige Indie-Plattenfirma mit dem eigenwilligen Namen für eine Labelarbeit, die die Eigenheiten der Musik nicht kaschierte, sondern ihren Ecken und Kanten zu Glanz verhalf. Grönland brachte Musiker zu Ruhm, die sonst vielleicht untergegangen wären, veröffentlichte verschollene Klassiker der Musikgeschichte neu und spürte gegenwärtige und oft unangepasste Talente auf. Das Label setzte Trends, machte musikalische Qualität populär, wurde ein Knotenpunkt zwischen musikalischer Vergangenheit und Zukunft, Pop und Avantgarde.

Zwanzig Jahre später hat sich an all dem nichts geändert, außer dass dieser Ansatz heute wertvoller denn je erscheint: Die Künstlerpersönlichkeit hat es nicht immer leicht zwischen Social Media, Online-Journalismus, Print und Radio – da braucht es um so mehr eine verlässliche Adresse, die nicht nur den unterschiedlichen Künstlergenerationen des Labelkatalogs eine beständige Heimat bietet – sondern die auch um die Nachwuchspflege bemüht ist. Bei Grönland stehen heute Kunstschaffende die die 80 Jahre bereits überschritten haben neben Newcomern in ihren frühen Zwanzigern – aus Deutschland und der ganzen Welt.

Das Ideal des Labels, das heute in Person von Mareike Hettler, Fine Sträter und Lenz Hein in Berlin Mitte sitzt, ist dabei noch deutlicher spürbar geworden: Gerade in Zeiten, in denen es in der Musikindustrie mehr um Playlists geht als um ein Album, mehr um den einen Hit als um das Gesamtwerk, mehr um Klicks als um Diskografie, dürfen sich die Künstler auf Grönland Zeit lassen. Und nicht zuletzt will das Label den Zuhörern mit dieser ungebrochenen Haltung den Wert der Musik und der Menschen dahinter wieder deutlicher ins Bewusstsein rufen.

Auch wenn das musikalische Interesse des Gründers ungebrochen ist: die Grönemeyer-Karte muss also heute nicht mehr gespielt werden. Unlängst ist Grönland zum Gütesiegel für eine spannende und eigensinnige Musik geworden. Zwischen deutschem und internationalem Pop, Singer-Songwriter und Folk, elektronischer Pioniermusik und den Protagonisten von Krautrock, Punk und Wave entsteht dabei ein einzigartiges Spannungsverhältnis. Mit ihrer Arbeit leisten die Labelmacher und Künstler in gemeinsamer Gestaltung so einen Spagat zwischen Integrität, kommerziellem Erfolg, Musikgeschichte und Unabhängigkeit, der Grönland zu einem der wichtigsten Labels der heutigen Musiklandschaft macht.


Foto: Liv Toerkell