Holly Herndon & Mat Dryhurst – “The Call”
Gewinner*innen Bestes Experiment
Die in Berlin lebenden Künstler*innen Holly Herndon (*1980, USA) und Mathew Dryhurst (*1984, Großbritannien) sind für ihre Pionierarbeit in den Bereichen Musik, maschinelles Lernen und der Entwicklung neuer Protokolle bekannt. Ihre weitreichende Praxis hat zu richtungsweisenden Projekten geführt, bei denen die technischen Systeme, die der kreativen Produktion zugrunde liegen, selbst als eigenständige Kunstwerke verstanden werden.
Für Holly+ (2021) trainierten sie einen KI-Klon von Herndon's Stimme. Nutzer*innen können auf der Holly+ Plattform eigene Audiodateien hochladen und diese mithilfe eines neuronalen Netzwerks so transformieren lassen, dass sie klingen, als wären sie von Holly Herndon gesungen. Die Plattform kann frei zugänglich verwendet werden kann.
Die von der Kritik gefeierten musikalischen Werke von Herndon und Dryhurst – darunter Platform (2015) und PROTO (2019), erschienen beim Label 4AD – wurden an renommierten Spielstätten wie dem Barbican in London und der Volksbühne in Berlin aufgeführt.
Herndons bildnerische Arbeiten dokumentieren vor allem ihre innovativen Eingriffe in bestehende Software-Systeme. Crossing the Interface (2021) zeigte die weltweit ersten Text-zu-Video-Animationen, während Classified (2021) neue Wege fand, um visuelle Porträts der „Einbettungen“ in KI-Bildmodellen zu erzeugen.
2022 gründeten Herndon und Dryhurst gemeinsam Spawning – eine Organisation, die sich für Zustimmung und Transparenz im Umgang mit KI einsetzt. Sie entwickelt Tools für Künstler*innen wie haveibeentrained.com, Kudurru und Source.Plus, die den Künstler*innen mehr Kontrolle über die Nutzung ihrer Werke durch KI geben.
Für ihre Arbeit wurden sie mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Ars Electronica ST+ARTS Preis für digitale Kunst (2022), dem ersten österreichischen Digital Human Rights Award (2024) und dem Kairos-Preis (2025).
2024 stellten Herndon und Dryhurst auf der Whitney Biennale aus und präsentierten xhairymutantx – ein interaktives Text-Bild-Modell, das mit der Manipulierbarkeit und Aneignung von Hollys digitaler Identität spielt. Im selben Jahr zeigten sie ihre Einzelausstellung The Call in der Serpentine Gallery in London.
Im Zentrum von The Call steht der Chor als eine der ältesten „Koordinationstechnologien“ der Menschheit. Herndon und Dryhurst ziehen Parallelen zur KI, bei der viele Stimmen (Datenpunkte) zu einem gemeinsamen Klang (Modell) verschmelzen.
Für das Projekt entwickelten sie ein eigenes Liederbuch und reisten mit dem Serpentine-Team durch das Vereinigte Königreich, um 15 Community-Chöre aufzunehmen – deren Stimmen dienten als Trainingsdaten für chorale KI-Modelle.
Die Chormitglieder waren Teil eines Data Trust-Experiments, das Macht und Rechte zwischen Datengebern und KI-Nutzern neu verhandelt – mit dem Ziel einer fairen, demokratischen Verteilung von Einfluss.
Holly Herndon promovierte in Computermusik an der Stanford University und ist derzeit Stipendiatin im Berliner Förderprogramm Künstlerische Forschung.
Seit 2021 moderieren Herndon und Dryhurst den Podcast Interdependence, in dem sie regelmäßig mit Künstler*innen und Technolog*innen über Themen wie Musik, KI und Krypto sprechen.



